BFAV: »Ärzte als billige Datenlieferanten«
KBV-VV kritisiert lockeren Umgang mit ePA / Cyberattacken auf Praxisserver gefährden Patientenwohl
Lebhaft und sehr kritisch diskutierten die VV-Delegierten die Pläne des Bundesgesundheitsministers zur elektronischen Patientenakte (ePA). Durch die Beschlüsse der letzten Wochen sei es immer offensichtlicher geworden, dass die ePA nicht in erster Linie den Interessen der Patienten diene, sondern den Interessen von Industrieunternehmen, Krankenkassen und Politik.
Der IT-Beauftragte des Bayerischer Facharztverbandes und Augenarzt Dr. Gernot Petzold vermutet: „Die Ärzte sollen hier als billige Datenlieferanten diene“, denn Krankenkassen und Wirtschaftsunternehmen sind an den Daten der ePAs im höchsten Maße interessiert.“ Die Datensicherheit wird nach Ansicht des Experten „immer löchriger. Anfangs wurde von einer End-zu-End Verschlüsselung gesprochen, jetzt nur noch von einer serverbasierten Lösung.“ Petzold teilt die Besorgnis vieler VV-Teilnehmer, „wie das mit der im Grundgesetz garantierten informationellen Selbstbestimmung eines jeden Bürgers zusammenpassen soll“. Es entstehe ein Konflikt zwischen „Gemeinwohl“ und individueller Freiheit. Wer definiert das Gemeinwohl?, so die mehrfach gestellte Frage in der Versammlung.
Cyberattacken gefährden Praxisserver
Zum Thema Datensicherheit wurde auch die Gefahr des Anschlusses des Praxis-Servers mit all den Patienten-Daten an das Internet thematisiert. Das BSI (Bundesamt für Sicherheit im Informationswesen) bemerkte erst kürzlich, dass die Gefahr von Cyberattacken im Gesundheitswesen enorm gestiegen seien. Petzold: „Es ist nicht mehr die Frage, ob eine Arztpraxis gehackt werden kann, sondern lediglich wann.“ Kritisch wurde vom KVB-Vorstand und von den Vertretern der VV auch der Einsatz der künstlichen Intelligenz und der Digas (digitale Gesundheits- Anwendungen) beleuchtet. Es werden unzureichend zertifizierte Digas zur Verordnung freigegeben, deren therapeutische Wirkungen zweifelhaft sind. Die Kosten für die Krankenkassen belaufen sich aber häufig auf mehrere 1000 € im Quartal. „Vor der Einführung von Anwendungen der künstlichen Intelligenz in der Diagnostik von Erkrankungen sollten wir deren Algorithmen genau kennen,“ warnt Petzold. Es sei höchste Zeit, dass Politik und Sachverständige genaue Leitplanken definieren, innerhalb derer KI in der Medizin, aber auch im gesellschaftlichen Leben angewandt werden kann. Andernfalls könne das Schadenpotenzial von KI enorm hoch sein.