Selbstbeteiligung ist kein Tabu!
Der Bayerische Facharztverband (BFAV) erinnert beim 7.Bayerischen Fachärztetag in Regensburg an die Verantwortung der Patienten dabei zu helfen, die sozial abgefederte Selbstbeteiligung bei den Gesundheitskosten langfristig zum Erhalt des solidarischen Krankenversicherungssystems einzusetzen.
Der Fortschritt in der Medizin schreitet rasend voran. Parallel dazu wachsen auch die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen, an all diesen Angeboten teilhaben zu können. So dauert es aus Erfahrung oft Jahrzehnte, bis medizinisch sinnvolle und hilfreiche Behandlungs- oder Diagnoseverfahren durch die hochbürokratischen Prüfungsverfahren den gemeinsamen Bundesausschuss passieren und somit den Kassenpatienten zur Verfügung stehen“, so rückt der BFAV-Sprecher Dr. Wolfgang Bärtl die öffentlichen Reaktionen auf die „verunglückte Wortwahl“ von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen zurecht. Tatsächlich nehme die für die Patienten zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit infolge eines überbordenden bürokratischer Aufwandes, des demographischen Wandels und einer mehr „work-life-Balance“ ausgerichteten nachrückenden Ärzte-Generation kontinuierlich ab. Es sei daher zwingend notwendig, künftig mit der Ressource „ärztliche Arbeitszeit“ sparsam umzugehen, um auch weiterhin allen Patienten eine möglichst nicht nur nach „WANZ“ (wirtschaftlich, ausreichend, , zweckmäßig), sondern optimale medizinische Behandlung zukommen zu lassen.
„Es geht bei der aktuell aufkommenden Diskussion nicht darum, den Patienten einen verschwenderischen oder verantwortungslosen Umgang mit den Ressourcen der medizinische Behandlung vorwerfen zu wollen,“ so entschärft der Orthopäde aus Neumarkt/Opf. die Aussage des KBV-Funktionärs, die in den Medien ein zum Teil scharfes Echo hervorgerufen hat. Vielmehr gehe es in Anbetracht der aufziehenden Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot darum, langfristig mehr Eigenverantwortung bei den Patienten über eine sozial abgefederte Selbstbeteiligung zu erreichen, damit auch weiterhin das wertvolle und bewährte Prinzip der solidarischen Krankenversicherung für alle erhalten werden kann und jedem, egal ob kasse- oder privatversichert, eine individuell optimierte Behandlung zukommen zu lassen.
Der BFAV befinde sich mit seiner Forderung in bester Gesellschaft, so zitiert Bärtl den vormaligen Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch als Vorsitzenden der Bischofskonferenz 2011. Angesichts der Finanzprobleme der Krankenversicherung werde ein Umdenken „im Rahmen individuell tragbarer und beeinflussbarer Risiken wohl unumgänglich sein, wenn die Solidargemeinschaft bei knapper werdenden Ressourcen vom Einzelnen nicht tragbare Leistungen garantieren soll. Wir brauchen eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Frage, was ethisch verantwortungsvoll, gerecht und kostenbewusst ist.“
Ob dies im Rahmen der angekündigten Wahltarife oder auch im Rahmen des vom BFAV vor Jahren schon vorgeschlagenen Gesundheitskonto erfolgen kann, bleibt letztendlich offen. Überfällig ist eine „ehrliche und ernsthafte Diskussion“, betont der BFAV-Sprecher Bärtl abschliessend.

