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„Nichts wird mehr so wie vorher“ – Vergütungssystem unter Reformdruck

Die Pandemie wird zu einschneidenden und anhaltenden Veränderungen in Wirtschaft und auch im Gesundheitssystem führen. Rezession wird vor Kliniken und Praxen nicht halt machen. Der Bayerische Facharztverband (BFAV) fordert rasche Reformen des Vergütungssystems und der Versorgungsstrukturen.

„Nichts wird mehr so wie vorher! Am Subventionstropf gibt es für uns keine Zukunft!“ Mit drastischen Worten bestätigt BFAV-Sprecher Dr. Wolfgang Bärtl, niedergelassener Orthopäde in Neumarkt/OPf. die Einschätzung von Experten, dass die Covid-19 Pandemie insbesondere Wirtschaftszweige, wie z.B.die deutsche Autoindustrie, die vor der Pandemie schon im Schlingern waren und von Subventionen lebten, „eine beschleunigten Bruchlandung erfahren werden. Dieses Phänomen wird insbesondere die Praxen der Niedergelassenen aber auch auf die Krankenhäuser treffen. Das umlage- und steuerfinanziertes Gesundheitssystem wird sich tiefgreifend verändern“, so die Befürchtung Bärtls. Der unverkennbare Rückgang der Fallzahlen und folglich der Inanspruchnahme ärztlicher/medizinischer Leistungen werde sich „entgegen aller Gesundbeterei nicht mehr auf das zum Teil auch künstlich angereizte und überzogene Kontakt-Niveau aus der Vor-Corona-Zeit heben lassen.“

Untauglicher mgV-Notnagel

So sei es laut Einschätzung des praxiserfahrenen Mediziners nach seuchenhygienischen Gesichtspunkten nicht mehr verantwortbar, dass man eine ohnehin zu knappe Honorierung auch noch davon abhängig mache, ob der Patient zwei-oder dreimal pro Quartal in die Praxis komme.“ Der zugesagte Schutzschirm mit 90 % aus der mgV sei nur ein Notnagel, der Praxen wie Krankenhäuser auf Dauer nicht zukunftsfest mache, „da schon im nächsten Jahr der Rückgang der Morbidität und die sinkende Beiträge der Versicherten infolge der Rezession unsere Praxen finanziell in die Knie zwingen. Geringere Fallzahlen ändern nichts am seuchenhygienisch deutlich höheren Aufwand.“

Besser Einzelleistungsvergütung

Die betriebswirtschaftlich logische Konsequenz sei eine bessere und feste Vergütung der einzelnen medizinischen Leistungen, sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor. Die Reform des ambulanten Vergütungssystems erfordere im GKV-System eine Aufwertung durch feste Vergütung mit Aufhebung der Budgetierung im EBM. Im privatärztlichen Sektor bedeute dies eine generelle Anhebung der Steigerungsfaktoren auf 3,5 -fach für alle ärztlichen und 2,5 -fach für alle technischen Leistungen – „…noch dieses Jahr!“ so appelliert der BFAV-Sprecher an die Politik. Das „ohnehin untaugliche DRG-System“ bedürfe einer dringlichen Reform hin zur Vergütung des tatsächlichen Aufwandes. „Deshalb müssen wir jetzt schnellstmöglich unabhängig werden von diesem süßen Tropf der Subvention“, fordert Bärtl eine konzertierte Aktion aller Ärzte zur Neuordnung der Honorierung, um die Praxen aber auch die Kliniken zukunftsfest zu machen. Andernfalls drohten auch im Gesundheitswesen Insolvenzen und Pleiten, die angesichts der positiven Erfahrungen mit der Pandemie in Deutschland einen deutlich schlechteren Schutz der Bevölkerung bedeuten würden.

Dr. Wolfgang Bärtl